Gehen Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschlüsse pleite?
Ich, Rechtsanwalt Uwe Heichel Fachanwalt für Wohneigentumsrecht, kläre Sie über die Tücken des Wohnobjekts auf. Denn das Mehrheitsrecht einer Eigentümergemeinschaft kann den einzelnen Eigentümer in arge finanzielle Bedrängnisse bringen. Doch in Fällen, in denen ein Mehrheitsbeschluss zu finanzieller Not bis hin zum Verlust der Immobilie führen kann, gibt es meist auch Lösungsmöglichkeiten. Man muss sie nur kennen!
Geändertes Recht ermöglicht Mehrheitsbeschlüsse
Das Wohnungseigentumsgesetz hat lange Zeit vorgesehen, dass Beschlüsse mit finanziellen Auswirkungen für die Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft nur einstimmig gefasst werden können. In zunehmendem Maße hat das in der Praxis dazu geführt, dass sich jahrelange Auseinandersetzungen um notwendige Sanierungs- und Baumaßnahmen entwickelt haben, die nicht selten vor dem Richtertisch gelandet sind.
Zerstrittene Gemeinschaften, die den sachlichen Streit ins Persönliche gezogen haben, sind letztendlich auseinandergebrochen. Der Zustand des Hauses ist darüber oft sogar schlechter geworden. Daher hat der Gesetzgeber die Lösung in einer Modifizierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) gesucht: Inzwischen reichen Mehrheitsbeschlüsse der Eigentümerversammlung aus, um alle Maßnahmen zügig zu genehmigen.
Freud und Leid der Demokratie im Wohnungseigentumsrecht
Eigentlich ein vernünftiger Fortschritt sollte man meinen. Das hat sich auch in den meisten Fällen in der Praxis bewährt. Die Mehrheitsbeschlüsse der Eigentümer ermöglichen in der Regel eine erhebliche Einsparung an Zeit und Auseinandersetzung, die nebenbei auch zu steigenden Kosten beitragen können. Doch manche Eigentümer haben solche Beschlüsse schon in arge Bedrängnisse gebracht.
Denn wer sich vom Ersparten eine kleine Eigentumswohnung für das Alter angeschafft hat, verfügt meist nicht über die erforderlichen Rücklagen, um die mehrheitlich beschlossenen Maßnahmen zu finanzieren. Schnell kommen Beträge in vier- bis fünfstelliger Höhe zusammen, die der Einzelne nicht aufbringen kann. Wird der Beschluss dann „gnadenlos“ durchgezogen, kann das im Einzelfall sogar zur Pleite und damit zum Verlust der Wohnung führen.
Nicht jede Maßnahme ist recht und billig
Im konkreten Fall muss allerdings auch nicht jeder Beschluss tatenlos hingenommen werden. Denn WEG und Rechtsprechung sehen gewisse Grenzen vor, die allerdings recht diffus definiert sind und damit im Einzelfall untersucht werden müssen. Damit können Sie versuchen, die Eigentümergemeinschaft zu einer vernünftigen Einigung zu veranlassen. In jedem Fall lohnt sich eine Prüfung der Beschlüsse:
- Handelt es sich um notwendige Maßnahmen zum Erhalt des Wertes der Immobilie?
- Soll eine Modernisierung erfolgen, die den Wert sogar steigert oder nach angemessener Zeit amortisiert?
- Ist offensichtlich eine Luxussanierung vorgesehen?
Solche Fragen können im Ergebnis zu einer Revision des Mehrheitsbeschlusses führen. Denn wenn die sogenannte Billigkeitsgrenze überschritten wird, bestehen gute Chancen zur Aufhebung eines solchen Beschlusses. Weitergehend ist die Opfergrenze definiert. Dort enden alle Belastungen, die zu einem Totalverlust führen können.
Einigung im Vorfeld einer juristischen Auseinandersetzung
Soweit ein Einigungswillen bei der Eigentümergemeinschaft vorhanden ist, gibt es auch hinreichend Möglichkeiten einer einvernehmlichen Lösung: Es ist möglich, die Kosten z.B. des Einbaus eines Fahrstuhls nach Nutzungsintensität zu verteilen. So können die Bewohner des Erdgeschosses von einem Teil der Kosten verschont bleiben. Auch die unterschiedliche Gewichtung der Nutzung von Rücklagen im Verhältnis zur zusätzlichen Geldleistung kommt infrage. Schließlich sind Vereinbarungen über Ratenzahlungen des eher klammen Eigentümers möglich, die die Belastung zumindest über einen längeren Zeitraum strecken können.